Montag, 28. April 2008

"Hoch hinaus" Die Hebung des Rheinischen Schiefergebirge

Jeder kennt es, das canyonartige Tal des Rheines im Rheinischen Schiefergebirge. Von Bingen bis Bonn, vorbei an berühmten Objekten, wie dem Binger Loch oder der Loreley, sägt sich der Rhein durch das Gebirge. Doch wieso tut er das? Folgt man den Rhein, durch die breite Ebene des Oberrheingrabens stromabwärts, nach Norden, so taucht vor einem der Taunus wie ein breiter, undurchdringlicher Wall auf, folglich biegt der Rheinstrom bei Mainz nach links Richtung Westen ab und fließt bis Bingen in einem kleinen Teilgraben. Doch dort durchbricht er auf einmal das Gebirge und teilt dieses in den Hunsrück(Westen) und Taunus(Osten).(Bild1: Rheindurchbruch am Binger Loch)

Wie geht das denn? Fließt der Fluss vor dem Durchbruch etwa bergaufwärts um sich durchzugraben oder staut sich dahinter zu einem See bis das Gebirge nachgibt?
Natürlich nicht. Der Rheinstrom muss älter als dass Gebirge sein, durch das er fließt. Tatsächlich floss der Rhein noch vor einer Million Jahre durch ein recht flaches Hügelland welches sich an der Stelle des heutigen Rheinischen Schiefergebirge befand.
Vor etwa 800.000 Jahren begann dann ein rapider Aufstieg des Rheinischen Schiefergebirge welcher noch heute anhällt, in dieser Zeit hob sich das Gebirge um bis zu 300m, was einer durchschnittlichen Aufstiegsgeschwindigkeit von etwa 0,3-0,4mm pro Jahr entspricht, gemessen werden heute jedoch bis zu 2mm pro Jahr!.
Sobald also das Gebirge unter dem Fluss aufsteigt, erhöht sich auch das Gefälle und damit die Erosionsrate, der Rhein sägt sich praktisch in das Gebirge während es um ihn herum aufsteigt. Während der Fluss noch bei Mainz-Bingen eine stattliche Breite von 500m hat, schrumpft diese im Gebirge auf bis zu 170m herab, gleichzeitig steigt aber die Strömungsgeschwindigkeit und die Tiefe. Einzelne Sporne härterem Gesteins, welche im Flussbett aufragen, gefährden noch bis heute die Schifffahrt.
Der domale Aufstieg des Rheinischen Schiefergebirges wirkt auch bis weit in die angrenzenden Strukturen über. Auch der nördliche Teil des Oberrheingrabens, südlich des Rheinischen Schiefergebirges, steigt gezwungenermaßen mit auf, weil seine komplette Basis mit angehoben wird. Durch dieses schräge angreifen bewegen sich einzelne Schollen wie zB die des Mainzer Beckens nach Süden. Durch diese Bewegung öffnet sich zur Zeit der kleine Graben, in dem der Rhein von Mainz bis Bingen nach Westen fließt. Bei Bingen durchbricht die Nahe kurz vor der Einmündung in den Rhein ebenfalls einen Bergrücken, welcher sich, als Folge des Aufsteigens, unter dem Fluss herausgehoben hat. (Bild2: Blick von Nahemündung auf den durchbrochenen Bergrücken)Die Skizze stellt nochmal einen Nord(links)-Süd Querschnitt durch die Situation in Bingen dar. Der Rhein fließt an der nördlichen Grabenseite des kleinen Mainz-Bingen Grabens aus der Bildebene heraus. Durch die Hebung des Rheinischen Schiefergebirges(links) wird die Scholle(rechts) nach Süden geschoben, dadurch öffnet sich ein kleiner Graben.

Der rapide Aufstieg des Gebirges verläuft weitgehend aseismisch, die Ursache dafür ist die Erhitzung der Lithosphäre durch die Anomalie(Mantle-Plume oder nicht, das steht hier erstmal nicht zur Diskussion) welche den Aufstieg antreibt, diese wird dadurch plastischer, große Spannungen bauen sich erst gar nicht auf und tektonische Erdbeben sind ab einer Tiefe unterhalb 10-15km abwesend.
Im Rheintal selbst sieht man die ganze Pracht, welcher der Strom durch seine Erosionsleistung am Gebirge geschaffen hat. (Bild3 zeigt einen Blick in das Rheintal bei Niederheimbach, man sieht oben auf dem Bergkamm das alte, flach geneigte Tal, welches der Rhein noch vor 800.000 Jahren besaß, bevor der rapide Aufstieg begann, welcher heute noch anhällt.)

Die domale Hebung wird auch in Zukunft das Rheintal immer imposanter werden lassen, sie wirkt in einem breiten Radius(~150-200km) weit in Mitteleuropa, sinkt aber an den Störungen die das Rheinische Schiefergebirge umgeben rasch ab, um dann langsam nach außen auf null abzuflachen.